Bei einem  Interview am „New Dimensions Radio“(1991) wurde Br. David  von Michael Toms gefragt, wie man üben kann, dankbar zu leben. 

Br.D.: „Das Schlüsselwort für mein ganzes Üben heisst Dankbarkeit. Ich mag dieses Wort, weil es kein religiöser Jargon ist. Es ist etwas, was jeder verstehen kann. Und wenn du sie einübst, wird sie dich zu einer Erfahrung bringen, die in allen spirituellen Traditionen wichtig ist – sie ist ein Leitgedanke bei Buddhisten, Hindus, Sufis, in allen grossen Traditionen. Pascal sagte, dass der wirklich echte Mensch unendlich tiefer ist als bloss der Mensch. Dieses Potential zu verwirklichen, ist die Herausforderung unserer Zeit, die Herausforderung echt menschlich als bloss menschlich zu sein.

M.T.: „Ich kann meine Zuhörer geradezu hören, wie sie nun gerne wissen möchten, was sie denn anders tun sollen als jetzt, um dieses Potential zu verwirklichen?“

Br.D.: „ Vertraue, vertraue dem Leben. Vertraue, dass jeder gegebene Augenblick ein gutes Geschenk sein wird und suche die guten Gelegenheiten in diesem gegebenen Augenblick.

Zweitens: Sei offen für Überraschung. Geh’ nicht ins Büro, indem du denkst „Ach, ich weiss ja, was hier läuft“. Oder wenn du deinen Chef triffst „ach, ich weiss ja schon, was er oder sie sagen wird“ oder „ich habe dich längst durchschaut“ wenn du einen Freund triffst. Schau sie an mit Augen, die sagen „überrasche mich“ –  und sie werden dich überraschen, wenn du offen bist für Überraschung.

Und drittens: Zusammengehören. Das grosse Ja zum Zusammengehören, wissen, dass wir alle eins sind. Nicht „wir“ und „sie“, „diese“ und „uns“. Wenn du aus dieser Kraft lebst, wirst du ein völlig neues Leben haben, eine neue Welt. Unsere Welt ist entstanden aus Entfremdung. Wenn du jedem mit der Haltung begegnest, dass wir  zusammengehören, selbst Leuten, die dich ablehnen, wirst du etwas Kreatives aus dieser Situation hervorbringen.“

Aus: David Steindl-Rast, Essential Writings, S.64, Orbis Books NY 10545 © 2010 Clare Hallward und David Steindl-Rast. Übersetzung: Eve Landis